Milad – Woche 3 – Spirito
Jul 19, 2021

Die Zeit läuft seit einigen Tagen schneller. Das liegt an dem nahenden Abschied und daran, dass das Leben ausserhalb dieser Wände ihre Vorboten in Form von E-Mails und Terminanfragen sendet. Bloss hier bleiben.
“Was waren deine Lieblings-Sasso-Momente?” fragt sie spät Abends in die Runde und wir reisen gemeinsam zurück. Es gab da viel. Und in fast allem lag eine Ruhe, die ich vermissen werde. Sasso war von Beginn an ein “sich fallen lassen”, ist es auch heute noch.
Es war ein Entdecken der Anderen und für mich im speziellen eine intensive Reise zu ihren und meinen verwundbarsten Stellen. Spirito – so heisst das Zimmer im oberen Stockwerk – wurde zum Safe-room; zum Brunnen in dem man seine Ängste und seinen Schmerz hineinwirf; darauf wartend, dass sie irgendwo tief unten ein Geräusch der Erleichterung auslöst; Dass das Echo uns hilft zu verstehen. Ein unsichbarer Geist, der nicht urteilt.
Spirito.

Hier sitze ich ihnen gegenüber. Meinen Protagonisten. Es sind ihrer mehr, als ursprünglich gedacht. Im Spirito gehen wir zurück. Es gab in unser aller Leben einschneidende, traumatische Erlebnisse und uns allen hat eine kreative Ausdrucksform hinaus geholfen oder zumindest uns zu ihr geführt.
Die Kamera ist installiert. Sie wird zwölf Sekunden verzögert zum Auslösen ein Bild zeichnen. Gerichtet ist sie auf mein/e Gesprächspartner/in.

Wie beginnt man eine rückwärts gerichtete Fahrt?
Manchmal braucht es nicht viel. Einen Anstoss. Schweigen. Und dann fliesst es von selbst. Ich denke, dass es uns da allen gleich geht. Wir sind gefangen in unsere Rollen, unsere Muster und glauben mit Vielem allein zu sein und alleine klarkommen zu müssen. Im besten Fall haben wir Menschen an unserer Seite, die uns sehen, auch wenn wir selbst gern den Blick abwenden mögen. Das aber ist eher ein Glücksfall und selten.
Ich glaube rückblickend, dass ich Gefahr lief in eine Depression abzudriften. Ich hab das mit niemandem geteilt. Der Lockdown und die Leere setzte viel frei. Das war gut und fruchtbar in gewisserweise. Sicher rührt dieses Projekt auch daher. Dem Wunsch danach selbst in den Brunnen zu horchen.
Dass ich hierher gefunden habe, war meine Rettung aus dem Strudel. Eine Pause; Abstand und Spirito. Ein Ort, an dem wir gemeinsam haben einiges abladen können und der eine tiefe Verbundenheit zwischen uns erzeugte.

Ich bin dankbar dafür.